Die Geschichte der Küche war wohl am engsten mit den Möglichkeiten des Kochens verbunden. Durch sich verändernde Kochtechniken hat sich auch immer die Küche als Raum verändert und angepasst. Die längste Zeit war es die offene Feuerstelle, die das ganze Drumherum prägte. Erst durch die Erfindung des Backofens mit Kochfeld entwickelte sich die Küche weiter. 1926 stellte die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky in Frankfurt eine Küche vor, die eine bahnbrechende und bis heute maßgebende Erfindung darstellt: genormte Elemente, die lückenlos aneinandergereiht werden konnten. Die Einbauküche, nach dem Vorbild eines hygienischen und ablaufoptimierten Labors, dominiert bis heute die moderne Küche. Allerdings hat sich bei den Ansprüchen der Käufer seit der Erfindung der Einbauküche viel getan.
Die Absonderung des Kochens vom herrschaftlichen Wohnen hatte in früheren Jahrhunderten viele Gründe: Geruchsbelästigung, Schmutz, aber auch die bewusste Distanz von Dienstboten waren grundrissrelevant. Der Esstisch im Wohnzimmer ermöglichte die Ausgrenzung des Personals, oder auch der hausfraulichen Arbeit an sich. Die Arbeit der Hausfrau sollte unsichtbar bleiben, denn ihr Stellenwert war nicht hoch. „Als vor über 90 Jahren die Einbauküche erfunden wurde, war die Mithilfe des Ehemanns bei der Hausarbeit undenkbar“, erläutert Kirk Mangels, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK), die damalige Situation. Bis Anfang der 1980er Jahre hinein war auch deshalb im Wohnungsbau ein kleiner, abgeschlossener Raum als Küche üblich. Die kleine, schmale Küche mit ihren Einbaumöbeln war das Territorium der Hausfrau. Diese funktionale „Stehküche“ war allein das „Reich der Frau“. Erst langsam, durch ein neues Rollen- und Aufgabenverständnis der Geschlechter in der Haushaltsleistung, veränderte sich auch der Anspruch an den Raum Küche. Ende der 1960er Jahre begannen Frauen energischer, die Mithilfe des Mannes im Haushalt einzufordern. Diese Forderung war auch mit der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen und daher einer Neuorganisation der Familienarbeit verbunden. Der Wunsch der Frauen, nicht isoliert kochen zu müssen, hatte Auswirkungen auf den Grundriss der Wohnung.
In den 1970er Jahren gab es daher in vielen Küchen schon Essecken, in denen zumindest die Familie zum Frühstück oder Mittagessen zusammen gegessen und gesessen hat. Das Esszimmer wurde meist sonntags, abends oder zusammen mit Gästen genutzt. In dieser Zeit zeichneten sich auch die ersten Designtrends bei Küchen ab. „Die Küche war in der Regel eine sehr funktionale Einbauküche, aber immerhin in den damals trendigen Farben und Ausführungen“, ergänzt Kirk Mangels weiter. Küchen wurden seit den späten 1980er Jahren zum einen größer und zum anderen auch zunehmend offener gestaltet. Seit den frühen 1990er Jahren befindet sich die Küchenplanung auf dem Weg zur modernen Wohnküche: Essen und Kochen sind miteinander verschmolzen – Multifunktionalität, Convenience und Professionalität sind heute Eintrittskarten für den Markt. Einher mit der offenen Raumgestaltung geht natürlich auch ein neuer Anspruch an Ästhetik. Moderne Küchen müssen nicht nur funktionieren, kurze Arbeitswege und eine optimale technische Ausrüstung haben, sie müssen auch schön, gemütlich und einladend sein. „Durch den offenen Grundriss sind sie für alle Anwesenden mehr oder minder immer sichtbar. Dadurch hat das optische Design enorm an Stellenwert gewonnen“, beschreibt Kirk Mangels die aktuelle Entwicklung. Küchen sind heute die Seele der Wohnung. Rund um den Herd entzünden sich Energien, Gefühle, Gespräche und Genüsse wie sonst nirgendwo.
Das Interesse am Kochen wird dabei weiter wachsen, die Bedeutung von Wohnlichkeit und Gemütlichkeit ebenfalls weiter zunehmen. Internationalisierung und Globalisierung, aber auch der Wunsch nach gesunder Ernährung, führen nun noch zu einem erhöhten Interesse an kreativen und exotischen Genüssen. Die Individualisierung in der Gesellschaft trägt dazu bei, dass diese immer vielfältiger gewünscht und in der eigenen Küche umgesetzt wird. (AMK)